21. Juni 2021 | 🕑 Lesezeit: 3 Minuten
Finanzämter und ihre Praxis bei Steuerschulden
Im Auftrag unserer Mandaten und zur Vermeidung ihrer Privatinsolvenz verhandeln wir täglich mit vielen Gläubigern, z.B. diversen Hausbanken, Leasingbanken, Kreditkartenunternehmen, Versandhäusern und vielen anderen Auftragnehmern der Privatwirtschaft.
Da diese Unternehmen wissen, dass sie in der Regel bei Schuldnern innerhalb einer Verbraucherinsolvenz am wenigsten Chancen haben, ihre Forderungen einzuholen, lassen sich häufig flexible und für beide Seiten kaufmännisch "vernünftige" Lösungen und Vergleiche finden, die damit auch eine Insolvenz des Schuldners verhindern.
Steuerschulden beim Finanzamt
Wichtige Informationen zu Schulden beim Finanzamt finden Sie unter Steuerschulden

Nicht selten haben unsere Mandanten aber auch Schulden bei Finanzämtern, häufig entstanden durch Nachzahlungsverpflichtungen bei der Einkommenssteuer und anderen Steuerarten, die üblicherweise mit einem gewissen Zeitverzug erst vollständig ermittelt werden können.
Kommt ein säumiger Steuerschuldner innerhalb dieser Zeit zunehmend in Zahlungsschwierigkeiten, z.B. durch Jobverlust oder Krankheit, kann er zum Zeitpunkt des Steuerbescheids durch die vorliegende Überschuldung auch seine Steuerschuld nicht mehr begleichen.
Grundsätzlich kann man dann auch mit Finanzämtern über eine bestimmte Form der Ratenzahlung verhandeln, eher unwahrscheinlich ist allerdings eine Herabsetzung der Steuerschuld an sich. Verhandlungsbereit zeigen sich die Ämter vielleicht auch bei ggf. existierenden Säumniszuschlägen, sofern die Steuerschuld selbst beglichen wird.
Die Ratenzahlung wäre also bei zahlungswilligen und -fähigen Steuerschuldnern, die in aktuten Zahlungsschwierigkeiten stecken, ein wichtiges Instrument zur Schuldenregulierung.
Leider fehlt bei dem Aspekt der Ratenzahlung die Flexibilität in der finanzamtlichen Verwaltung. Selbst wenn die Finanzbeamten wollten, sie werden Ratenzahlungen nur dann akzeptieren, wenn die Ratenhöhe ausreichend hoch und die Tilgungszeit innerhalb von in der Regel 6 Monaten, seltener bis zu einem Jahr, vereinbart wird. Eine längere Laufzeit würde zwar häufig entscheidend dazu beitragen, dass Schuldner nicht in die Privatinsolvenz gehen müssten, wird aber meistens nicht gewährt. Auch Stundungsregelungen unterliegen ähnlichen Einschränkungen, selbst wenn die wirtschaftlichen Existenz des Steuerschuldners bedroht ist.
Erfahrungen mit dem Finanzamt bei Steuerschulden aus der Praxis
Aus unserer konkreten Kanzleipraxis mussten wir im Fall eines unserer Mandanten zur Kenntnis nehmen, dass das Finanzamt am Ende also lieber auf beträchtliche Steuereinnahmen verzichtet, weil es durch die Verwaltungspraxis Schuldner eher in die Privatinsolvenz (mit anschließender Restschuldbefreiung) zwingt, als einem Ratenzahlungsvorschlag zu entsprechen. Dieser hätte zwar eine Laufzeit von drei Jahren gehabt, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit weit mehr an Steuerschulden zurückgeführt als der Weg in die Verbraucherinsolvenz. Denn auch für Steuerschulden wird bei Wohlverhalten am Ende der Insolvenz die Restschuldbefreiung erteilt.
Als Spezialkanzlei für die Vermeidung von Privatinsolvenzen aber auch als einzelne Privatpersonen und damit Steuerzahler können wir diese Haltung nicht nachvollziehen, in der der Staat am Ende kaufmännisch nicht optimales "Forderungsmanagement" zu Lasten der Steuereinnahmen praktiziert.
Fairerweise soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass wir vereinzelt durchaus auch einen teilweisen Schuldenerlass oder zumindest verlängerte Ratenzahlungen für unsere Mandanten mit Finanzämtern vereinbaren konnten. Es gibt also auch Ausnahmen von der Regel.

AUTOR
Herr Bening
KATEGORIE
VERÖFFENTLICHT SEIT
26. März 2013
