22. Oktober 2019 | 🕑 Lesezeit: 4 Minuten
Schuldnerberatungen in Deutschland
In Deutschland bietet praktisch jede Stadt bzw. jede kommunale Region eine öffentliche Schuldnerberatung an. Diese öffentlichen Beratungsstellen sind die erste Adresse für Menschen, die ihre persönliche finanzielle Situation nicht mehr überblicken und vor der Zahlungsunfähigkeit stehen.
Eine private Überschuldung trifft zunehmend mehr Menschen. Je nach Quelle und Statistik (z.B. Schuldneratlas oder Überschuldungsreport) befinden sich über 6 Millionen Verbraucher in aktuten Zahlungsschwierigkeiten; eine ebenso große Zahl dürfte zumindest teilweise überschuldet und ohne finanzielle Rücklagen grundsätzlich insolvenzbedroht sein, falls die eigene Einkommenssituation sich nicht nachhaltig verbessert. Diese große Anzahl, die bei ca. 60 Millionen erwachsenen Einwohnern der Bundesrepublik Deutschland immerhin einen Anteil von rund 20% ausmacht, sorgt für stark anwachsendes Arbeitsaufkommen bei den öffentlichen und staatlichen Schuldnerberatungen. Da auch die öffentlichen Haushalte selbst zum Sparen gezwungen sind und daher zu wenig Personal zur Verfügung steht, müssen die Betroffenen oft mit sehr große Wartezeiten und in vereinzelten Fällen auch mit Aufnahmestopps rechnen.
Überlastung öffentlicher Beratungsstellen
Diese Überlastung der öffentlichen Stellen ist angesichts der sehr zeitkritischen Probleme insolvenzbedrohter Bürger mittlerweile eine erhebliches Problem. Hinzu kommen falsche Vorstellungen der Menschen, die durch TV-Formate wie "Raus aus den Schulden" bzw. Fernseh-Berater wie Peter Zwegat den Eindruck erhalten, dass öffentliche Schuldnerberater sie kostenlos zu Hause persönlich aufsuchen würden und mit individuellem Einsatz für Wege aus ihrer Schuldenfalle kämpfen.
Die Realität sieht hingegen oft ganz anders aus. Schuldner müssen sich selbst bewegen und aktiv werden. Sie erhalten ggf. beratende Unterstützung vor Ort in den Beratungsstellen inklusive erster Hilfe und Formbriefen für den formalen Schriftverkehr mit den Gläubigern; eine umfassend individuelle, laufende Begleitung und vor allem eine sofortige Bearbeitung der Fälle ist den öffentlichen Stellen immer weniger möglich.
Aus der täglichen Praxis liegen uns Schreiben von Mandanten vor, in denen öffentliche Stellen auf Wartezeiten von über 12 Monaten verweisen. Da Schuldner häufig die anwachsenden finanziellen Probleme verdrängen, ist der Faktor Zeit aber für eine erfolgreich verlaufende Schuldenregulierung und tragfähige Insolvenzvermeidung mit entscheidend.
Vorsicht: Schuldnerberatungen bieten unterschiedliche Leistungen
Für Schuldner, deren voraussichtliches Einkommen auch längerfristig unter den jeweiligen Pfändungsgrenzen liegt, bleibt meistens kein anderer Weg als die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens. Entsprechend notwendige Bescheinigungen darf nur ein zugelassener Rechtsanwalt, Steuerberater oder eine öffentlich anerkannte Schuldnerberatungsstelle ausstellen.
In diesem Zusammenhang wird immer wieder vor unseriösen Schuldnerberatungen gewarnt. Tatsächlich bietet unzählige Berater in diesem Feld gewerblich ihre Dienste an. Der Begriff "Schuldnerberater" ist zudem nicht beruflich geschützt, so dass sich im Prinzip jeder so nennen darf. Das Bundesministerium der Justiz rät zu einer Beauftragung eines solchen Beraters aber überhaupt nur dann, wenn er in seiner Region auch als sogenannte "anerkannte Stelle" geführt wird und entsprechend autorisiert ist. Alle anderen gewerblichen Berater müssen am Ende selbst mit einem Rechtsanwalt oder Steuerberater zusammenarbeiten, um entsprechende Maßnahmen durchführen und Bescheinigungen ausstellen zu können, was unnötige Kosten verursacht.
Besondere Vorsicht ist angebracht, wenn sogenannte "Schuldnerberater" auch mit Kreditvermittlern zusammenarbeiten, Umschuldungen und neue Kredite (schufafrei) anbieten und mit vorgefertigten Bögen über Hausbesuche schnelle Lösungen versprechen.
Der direkte Weg zu einer spezialisierten Kanzlei ist da der geeignetere und sichere Weg, vor allem, wenn der Schuldner noch Einkommen über der Pfändungsgrenze erzielen kann, Immobilien erhalten und eine jahrelange Insolvenz vermeiden will.
Anwaltliche Schuldnerberatung
Die meisten Schuldner schrecken vor einer anwaltlichen Schuldnerberatung zurück, da bei dieser ein Honorar gezahlt werden muss. Eine gute anwaltliche Schuldnerberatung verhandelt außergerichtlich derart mit den Gläubigern, dass trotz des Honorars durch Vergleiche eine Einsparung für den Schuldner herausspringt. Dieser hat durch die außergerichtliche Einigung im Idealfall niedrigere Raten und eine geringere Schuldsumme zurückzuzahlen. Seine Finanzen sind wieder im Gleichgewicht.
Weitere Informationen finden Sie unter Entschuldung über außergerichtliche Vergleiche .