4. April 2017 | 🕑 Lesezeit: 6 Minuten
Verbraucherinsolvenz oder Regelinsolvenz: Welches Verfahren ist das Richtige für mich?
Ist man völlig überschuldet und sieht keine Aussicht mehr, stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten man hat, aus dieser Situation herauszukommen. Eine der Optionen ist das reguläre Insolvenzverfahren, nach dessen Durchlaufen eine sogenannte Restschuldbefreiung Sie praktisch „schuldenfrei“ macht - sofern Ihnen die Restschuldbefreiung gewährt wird. Das Insolvenzverfahren beschäftigt sich mit der Zahlungsunfähigkeit von Privatpersonen, Unternehmen und Selbstständigen.
Arten des Insolvenzverfahrens:
Verbraucherinsolvenz und Regelinsolvenz
Man unterscheidet beim Insolvenzverfahren zwischen der Regelinsolvenz, die für Unternehmen oder Selbstständige in Betracht kommt und der Verbraucherinsolvenz, die für Personen gilt, die nicht selbstständig sind. Beiden Verfahren haben eines gemeinsam: Die Restschuldbefreiung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens. Zwar haben beide Verfahren das gleiche Ziel, jedoch sind einige wichtige Unterschiede zu beachten.
Wichtig ist es, zunächst festzustellen, welches Verfahren für wen das Richtige ist: Verbraucherinsolvenz oder Regelinsolvenz? Wird nämlich der falsche Antrag beim Gericht gestellt, laufen Sie Gefahr, dass das Gericht Ihren Antrag als unzulässig zurückweist. Das bedeutet sowohl für Sie als auch für das Gericht eine unnötige Zeitverschwendung. Für wen ist nun also die Verbraucherinsolvenz für wen die Regelinsolvenz?
Verbraucherinsolvenz für Personen die nicht selbstständig sind
Das Verbraucherinsolvenzverfahren kommt für alle natürlichen Personen in Betracht, die nicht selbstständig sind. Das sind beispielsweise Arbeitnehmer, Arbeitslose und Rentner.
Regelinsolvenz für Unternehmen und Selbstständige
Im Gegensatz hierzu ist die Regelinsolvenz immer dann anzuwenden, wenn es sich beim Schuldner um einen Unternehmer oder um einen Selbstständigen handelt. Dies ist zwar der Regelfall, aber wie immer gibt es zu jeder Regel auch eine Ausnahme. So kann unter gewissen Umständen auch ein ehemals Selbstständiger in die Privatinsolvenz gehen. Dies ist meist dann möglich, wenn die Vermögensverhältnisse überschaubar sind und/oder keine Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen vorliegen.
Das ist dann der Fall, wenn weniger als 20 Gläubiger vorhanden sind und wenn keine offenen Forderungen von Arbeitnehmern bzw. Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Dazu zählen beispielsweise ausstehende Löhne, Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge. Sollten mehr als 20 Gläubiger vorhanden sein, oder Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen bestehen, ist immer die Regelinsolvenz zu beantragen.
Verbraucherinsolvenz oder Regelinsolvenz:
Welches Verfahren ist einfacher?
Das Insolvenzverfahren kann in beiden Fällen sowohl von einem Gläubiger, als auch vom Schuldner selbst angemeldet werden. Die Regelinsolvenz ist ein sehr umfangreiches und langwieriges Gerichtsverfahren, bei dem viele spezifische Punkte zu beachten sind. Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist demgegenüber ein deutlich vereinfachtes Verfahren und somit auch einfacher für Sie. Bei einer Verbraucherinsolvenz muss nicht notwendigerweise eine Gerichtsverhandlung stattfinden, auch wird „nur“ ein gesetzlicher Insolvenzverwalter (früher Treuhänder) eingesetzt, der weit weniger Befugnisse hat, als der Insolvenzverwalter im Regelinsolvenzverfahren.
Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Verfahren ist der sogenannte „außergerichtliche Einigungsversuch“, der bei der Verbraucherinsolvenz vor Antragstellung vorzunehmen ist. Das heißt, bevor eine Verbraucherinsolvenz beantragt werden kann muss versucht werden, mit den Gläubigern außergerichtlich eine Lösung beziehungsweise eine Einigung gefunden zu werden. Erst wenn nachgewiesen werden kann, dass dieser Versuch gescheitert ist, kann man den Antrag zur Verbraucherinsolvenz stellen. Beim Regelinsolvenzverfahren hingegen ist ein solcher Einigungsversuch nicht vorgesehen.
Die Frage, ob Verbraucherinsolvenz oder Regelinsolvenz "besser" ist, kann man demnach mit: Wenn möglich, Verbraucherinsolvenzverfahren beantworten.
Die dem Verbraucherinsolvenzverfahren vorgelagerten außergerichtlichen Einigungsversuche sind oft zum Scheitern verurteilt, wenn sie nicht von einer geeigneten Stelle durchgeführt werden, die sich auf solche Verhandlungen mit Gläubigern spezialisiert hat. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Erfahrung, denn mit der Zeit kann ein gewisses Gefühl für den Umgang mit Gläubigern entwickelt werden oder im Notfall das ein oder andere Ass aus dem Ärmel gezogen werden.
Worauf sollte man noch achten?
Vor Antragstellung sollten Sie in Erwägung ziehen eine Schuldnerberatung durch einen spezialisierten Anwalt wahrzunehmen. Auch wenn grundsätzlich gilt: Verbraucherinsolvenz für nicht selbstständige Personen und Regelinsolvenz für Selbstständige oder Unternehmer. Ein fachkundiger Anwalt kann Ihnen im Rahmen einer Schuldnerberatung helfen, nicht nur den richtigen Antrag zu stellen sondern Sie auch während des Verfahrens (egal ob Verbraucherinsolvenz oder Regelinsolvenz) unterstützen, damit Sie die Restschuldbefreiung erreichen und Ihnen diese nicht nach langer Zeit der Insolvenz am Ende vom Gericht versagt wird.
Gerade bei umfangreicheren Vermögenssummen und/oder Schuldsummen sollten Sie für die komplexen und wichtigen außergerichtlichen Einigungsversuche genau abwägen, ob Sie eine der staatlichen Schuldnerberatungsstellen mit langen Wartezeiten und ggf. sogar Überlastung aufsuchen oder eine im Gegensatz zu diesen auf Vergleichsverhandlungen spezialisierten Anwalt.
Weitere Informationen über das Vorgehen von AdvoNeo zum außergerichtlichen Vergleich finden Sie auf unserer Seite Ablauf der Schuldnerberatung.