22. Oktober 2019 | 🕑 Lesezeit: 7 Minuten
Zugewinnausgleich bei Schulden – Scheidung und unterhaltspflichtige Kinder
Während im ersten Beitrag „Zugewinngemeinschaft, Zugewinnausgleich und Schulden im Überblick“ die Grundprinzipien des Zugewinnausgleichs dargestellt wurden, soll nun im zweiten Teil näher darauf eingegangen werden, welche rechtlichen Aspekte zu berücksichtigen sind, wenn Schulden bei einem oder bei beiden Ehegatten im Zeitpunkt der Scheidung vorhanden sind. Darüber hinaus wird dargelegt, welche Konsequenzen sich daraus ergeben, dass unterhaltspflichtige Kinder im Spiel sind.
Wem gehören Schulden in der Ehe?

In einer Ehe wird stets unterschieden, ob es sich um alleinige Schulden eines Ehegatten oder um gemeinsame Schulden der Ehepartner handelt. Die Abgrenzung bereitet im Regelfall keine großen Schwierigkeiten.
Gemeinsame Schulden sind die, die die Ehepartner während der Ehezeit gemeinsam eingegangen sind. Dafür haben beide Ehegatten den entsprechenden Vertrag unterzeichnet. In der Praxis häufige Fälle sind gemeinsam unterschriebene Kreditverträge mit einer Bank zur Finanzierung eines Autos oder eines Grundstücks. Aber auch gemeinsame Ratenkaufverträge, etwa für elektronische Artikel wie Fernseher oder Kühlschrank oder gemeinsam unterzeichnete Mietverträge zählen hierzu.
Wurde dagegen ein Vertrag nur von einem Ehepartner unterschrieben, sind die daraus erwachsenden Schulden in der Regel alleinige Schulden dieses Ehegatten.
Was passiert mit Schulden bei Scheidung?

Gemeinsame Schulden
Bei gemeinsamen Schulden tragen beide Ehegatten die Schulden zur Hälfte. Im Falle einer Trennung und Auflösung der Ehe durch Scheidung kann der Gläubiger wählen, ob er von beiden Partnern oder nur von einem die Tilgung verlangt. Der Gläubiger kann aber die Gesamtsumme insgesamt nur einmal verlangen. Man spricht hier von sogenannten Gesamtschuldnern. Die Forderung des Gläubigers betrifft das sogenannte Außenverhältnis – also Beziehungen der geschiedenen Ehegatten zu „Fremden“ wie Banken, Firmen etc. .
Im Innenverhältnis kann der Ehepartner, der die Schulden abbezahlt, von dem anderen eine Ausgleichszahlung verlangen. Diese kann theoretisch beliebig hoch sein, wenn die Ehepartner sich auf einen Betrag einigen können. Häufig umfasst die Ausgleichszahlung jedoch die Hälfte des Ratenbetrags.
Etwas anderes gilt, wenn weiterhin eine gemeinsame Haushaltsführung besteht oder eine alleinige Nutzung (etwa bei einem Auto) eines Ehegatten vorliegt. Dann wird es etwas komplizierter. Es muss dann geprüft werden, ob zum Beispiel das Auto zum Hausrat gehört (wenn damit ausschließlich Erledigungen für die Familie wie Einkäufe, Kinder zur Schule bringen etc. gemacht wurden) oder beruflich von einem der Geschiedenen genutzt wurde… Hier wollen wir nicht zu sehr ins Detail gehen, wenn Sie mehr hierzu wissen wollen, können Sie uns gerne kontaktieren.
Alleinige Schulden
Alleinige Schulden eines Ehegatten bleiben auch nach der Scheidung alleinige Schulden. Kann der Geschiedene diese Schulden nicht tilgen, besteht für den anderen ehemaligen Ehegatten keine Verpflichtung diese Tilgung zu übernehmen. Auch im Außenverhältnis kann der Gläubiger dann nicht auf den Ehegatten zurückgreifen, der den die Schulden begründenden Vertrag nicht unterschrieben hat. Auch im Innenverhältnis kann der verschuldete Ehegatte rechtlich nicht verlangen, dass sich der andere Ehegatte an der Tilgung beteiligt.
Es gilt der Grundsatz, dass die Ehe den anderen Partner nicht automatisch zum Mitschuldner macht, egal wann die Schulden entstanden sind. Es ist nach wie vor eine eigene Unterschrift unter dem Vertrag erforderlich.
Gläubiger können nicht von Ihnen verlangen, Schulden Ihres Ehegatten zu begleichen, wenn es sich um dessen alleinige Schulden handelt!
Aufgepasst wenn bei der Scheidung Schulden durch Immobilien im Spiel sind
Einige Besonderheiten bestehen im Hinblick auf Immobilien, um die besonders häufig gestritten wird und die regelmäßig mit Darlehensverträgen finanziert wurden. Einfach gesprochen: Das Haus ist mit Schulden belastet. Mehr hierzu unter Immobilien-Schulden.
Bei Immobilien und Scheidung heißt es Schritt für Schritt vorzugehen: Ist fraglich, wer Eigentümer der Immobilie ist, gibt das Grundbuch Aufschluss. Ist dort nur ein Ehegatte als Eigentümer eingetragen, kann von dem anderen keine Beteiligung an der Tilgung der Kreditraten gefordert werden. Lediglich eine Mietzahlung ist möglich, wenn der andere Ehegatte im Haus wohnen bleibt. Sind beide Ehegatten als Eigentümer eingetragen, kann der zahlende Ehegatte von dem anderen eine Beteiligung an den Raten verlangen, sogar dann, wenn nur der zahlende Ehepartner den Vertrag unterzeichnet hat. Dies hat der BGH (Bundesgerichtshof) im Jahr 2015 entschieden. In einem solchen Fall empfehlen wir, eine ausführliche anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
Zugewinnausgleich bei Scheidung mit unterhaltspflichtigen Kindern

Eine Scheidung und die Aufteilung bzw. Verteilung des Hab und Guts und der Schulden ist auch ohne Kinder bereits nervenaufreibend. Umso besser, wenn Sie sich im Vorfeld schlau gemacht haben, wem nach der Scheidung welche rechtlichen Pflichten für die unterhaltspflichtigen Kinder zukommen.
Im Hinblick auf unterhaltspflichtige Kinder nach der Scheidung gilt folgendes: Der Elternteil, bei dem das Kind bleibt, muss seine Unterhaltspflichten durch Naturalunterhalt leisten. Das bedeutet Essen, Kleidung, Schulmaterialien, alles, was das Kind benötigt. Der andere Elternteil ist verpflichtet Barunterhalt in Form eines monatlichen Geldbetrages zu leisten, der sich in der Regel nach der Düsseldorfer Tabelle richtet.
Problem: Unterhaltszahlung mit Schulden
Was passiert, wenn der Elternteil, bei dem die Kinder nicht leben und der zum Barunterhalt verpflichtet ist, verschuldet ist?
Beim Kindesunterhalt spielt die finanzielle Situation des zur Zahlung des Unterhalt verpflichteten eine Rolle. Dabei ist es für die Abzugsfähigkeit von Schulden egal, ob die Schulden vor oder nach der Trennung entstanden sind. Auch hat die Erfüllung von Kindesunterhalt hat keinen absoluten Vorrang vor der Abzahlung von Kreditverbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen. Vielmehr gilt der Grundsatz der umfassenden Interessenabwägung, wobei ein angemessener Ausgleich zwischen Kindesunterhalts- und Kreditverbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen zu suchen ist. Dabei soll wenigstens ein Mindestunterhalt für das Kind gesichert sein. Im Fall einer Pfändung von Kindesunterhalt reduziert sich aber der Freibetrag des Pflichtigen, d.h. es wird dann insgesamt ein höherer Betrag abgezogen.
Weniger rechtlich ausgedrückt: Es gibt keine eindeutigen rechtlichen Regelungen. Die Höhe der Verschuldung, das Einkommen des Unterhaltzahlenden und somit Höhe der Unterhaltszahlung müssen im Einzelfall angeschaut und miteinander abgewogen werden.

Hier möchten wir hinzufügen, dass eine mögliche Lösung eine außergerichtliche Einigung des verschuldeten Elternteils mit seinen Gläubigern sein kann. Es können die monatlichen Raten reduziert werden, sodass es wieder möglich ist, den Kindesunterhalt aufzubringen und seinem Kind finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen.
Schuldenfalle Scheidung – Vorsicht vor Überschuldung
Eine Scheidung ist mit Stress, organisatorischem Hin und Her und meistens mit Wut und Trauer verbunden. In dieser eh schon angespannten Situation kann es schnell mal passieren, dass rechtliche Fristen nicht eingehalten werden oder durch einen Auszug oder Umzug Unterlagen und Briefe verloren gehen. Manchmal fehlt auch einfach die Energie, um Briefe von Gläubigern zu öffnen.
Somit ist eine Scheidung leider auch eine Schuldenfalle. Kommen dann noch wie im oberen Abschnitt angesprochen Schulden durch Aufteilung einer Immobilie oder zuvor bestehende Schulden eines der Ehepartner hinzu, lauert die Gefahr der Überschuldung.

Egal zu welchem Zeitpunkt - ob vor, während oder nach der Scheidung - die Schulden zum Problem werden, es gibt immer Stellen, an die Sie sich wenden können, um Hilfe zu bekommen. Besonders im Scheidungsfall haben wir die Erfahrung gemacht, dass das Schuldenproblem anzugehen und Aufgaben an eine Schuldnerberatung abzugeben, eine große Last von den Schultern unserer Mandanten hebt. Wir wünschen jedem das gute Gefühl, diesen Bereich im Leben sortiert und geregelt zu haben und einem Neustart positiv entgegen zu gehen.
