12. Oktober 2020 | 🕑 Lesezeit: 6 Minuten
Mahnbescheid im Urlaub
Jetzt wo es draußen kälter wird und die Herbstferien in den meisten Bundesländern begonnen haben oder bald anstehen, gönnt man sich gerne eine längere Auszeit und fährt oder fliegt in den Urlaub. Hauptsache mal weg.
Kehrt man irgendwann aus der entspannten Urlaubszeit zurück, leert man zügig den Briefkasten und entdeckt in der angehäuften Post einen gelben Briefumschlag vom Amtsgericht. Er enthält einen Mahnbescheid, der im Urlaub zugestellt worden ist. Und jetzt?
Es gibt zwei Szenarien, die zutreffen können:
- Sie und auch niemand sonst in Ihrem Haushalt wissen etwas mit der Forderung anzufangen. Es handelt sich um einen unberechtigten Mahnbescheid, vielleicht sogar um einen versuchten Betrug.
- Die Forderung ist Ihnen bekannt und der Mahnbescheid ist zurecht gegen Sie erlassen worden.
1. Unzulässiger Mahnbescheid, der im Urlaub zugestellt wurde
Gerichtliche Mahnbescheide müssen vom zuständigen Mahngericht zu Ihnen geschickt werden und stecken immer in einem gelben Umschlag. Schreiben, die in anderen Umschlägen ankommen und die als Mahnbescheid betitelt sind, sind Betrugsversuche.
Sie sollten solche gerichtlichen gelben Umschläge stets aufbewahren! Sie sind der einzig gültige Nachweis für das Zustellungsdatum.
Wenn Sie einen Mahnbescheid im Urlaub erhalten haben, dessen Forderung Ihnen völlig unbekannt ist und Sie sich sicher sind, dass der Anspruch nicht besteht, sollten Sie unbedingt Widerspruch einlegen.
Das Gericht prüft einen Mahnbescheidsantrag eines Antragstellers nicht (hierauf wird in den Mahnbescheiden immer hingewiesen). Dem Gericht müssen von dem Antragsteller auch keine Unterlagen vorgelegt werden. Daher müssen Sie selbst prüfen, ob die Forderung in dem Mahnbescheid wirklich besteht.
Einem "echten" Mahnbescheid liegt hierfür ein Formular bei, auf dem Sie ein Kreuz setzen können. Sie müssen nicht das vorgefertigte Formular für Ihren Widerspruch verwenden sondern können auch selbst ein Schreiben aufsetzen.
Widerspruch gegen einen gerichtlichen Mahnbescheid können Sie unbegründet einlegen. Das heißt, Sie müssen nicht erklären, warum Sie meinen, dass der Anspruch unberechtigt ist.
Für den Widerspruch haben Sie maximal zwei Wochen Zeit. Diese zwei Wochen beginnen mit dem Datum der Zustellung. Das ist das Datum, welches der Briefträger auf dem gelben Umschlag auf der Vorderseite einträgt. Wann Sie den Umschlag aus dem Briefkasten holen (oder öffnen), spielt für den Beginn der Frist keine Rolle! Legen Sie in den zwei Wochen keinen Widerspruch ein, kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Legen Sie den Widerspruch erst nach Ablauf der zwei Wochen ein, wird dieser automatisch als Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid gewertet.
Das Mahnverfahren ist mit der Einlegung des Widerspruchs gehemmt, es sei denn der Gläubiger will seinen Anspruch weiter verfolgen. Dann muss er seine Forderung schriftlich ausführlich begründen und die notwendigen Unterlagen beifügen. Das Verfahren unterscheidet sich dann nicht mehr von einem gewöhnlichen Klageverfahren nach der Zivilprozessordnung (ZPO). Es kann vorkommen, dass nach einem Widerspruch eine lange Zeit vergeht, bis die schriftliche Begründung folgt, es kann auch sein, dass diese Begründung gar nicht erfolgt. Die Kosten dieses Verfahrens trägt derjenige, der verliert.
Ist ein Teil der Forderung des Mahnbescheids unberechtigt, können Sie auch nur diesem Teil der Forderung widersprechen. Dies funktioniert genauso wie oben beschrieben.
Haben Sie den Mahnbescheid im Urlaub erhalten und legen verspätet Widerspruch ein, wird dieser automatisch als Einspruch gegen den bereits erlassenen Vollstreckungsbescheid gewertet. Das hat zur Folge, dass der nächste Schritt in jedem Fall ein Gerichtsverfahren ist. Auch hierfür sind die Kosten vom Verlierer zu entrichten und es kommen höchstwahrscheinlich Anwaltskosten auf Sie zu.
2. Zulässiger Mahnbescheid, der im Urlaub zugestellt wurde
Bevor Ihnen ein Mahnbescheid zugestellt wird, müssen andere Vorbedingungen (unter anderem Mahnungen) erfüllt werden. Sie sollten also alarmiert sein, wenn Sie Mahnungen erhalten haben und dann eine längere Abwesenheit wie Urlaub planen. Es liegt in Ihrer Verantwortung, darauf zu achten, Ihre Post nicht über einen langen Zeitraum ungeöffnet zu lassen.
Es gibt zwar keine Pflicht, den eigenen Briefkasten täglich zu leeren, jedoch kann man sich nach einem längeren Urlaub dann auch nicht darauf berufen, dass man nicht zu Hause war und daher erst nach dem Ablauf der Widerspruchsfrist von dem Mahnbescheid erfahren hat.
Ist die Frist für den Widerspruch verstrichen, können Sie den Vollstreckungsbescheid nicht mehr verhindern. Daher empfehlen wir Ihnen, bei längerer geplanter Abwesenheit jemanden darum zu bitten, Ihre Post durchzusehen und Sie zu benachrichtigen, wenn ein gelber Umschlag dabei ist. Rechtzeitig zu reagieren ist unkomplizierter, als hinterher mit einem bezahlten Anwalt mögliche Versäumnisse zu retten.
Bitten Sie Nachbarn oder Freunde, Ihren Briefkasten zu leeren. Die Briefe vom Amtsgericht kann man am Absender oder einem gelben Umschlag erkennen. Lassen Sie sich Bescheid geben, wenn ein solcher Brief dabei ist damit Sie über einen möglichen Mahnbescheid in Ihrem Urlaub Bescheid wissen.
Noch einmal der wichtige Hinweis: Bewahren Sie den gelben Umschlag unbedingt auf!
Bei einer ungeplanten längeren Handlungsunfähigkeit (z.B. Krankheit) oder Abwesenheit (Krankenhaus) gibt es u.U. die Möglichkeit die versäumte Handlung auf Antrag nachzuholen. Dafür sollten Sie auf jeden Fall anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Auf einen Mahnbescheid, dem nicht widersprochen wurde, folgt ein durch ein Gericht erlassener Vollstreckungsbescheid. Hat ein Gläubiger diesen gegen Sie erwirkt, hat er einen Titel gegen Sie und kann seine Forderung 30 Jahre lang gegen Sie vollstrecken. Das bedeutet, dass sich zum Beispiel im Rahmen der Zwangsvollstreckung der Gerichtsvollzieher bei Ihnen ankündigt.
Auch eine Lohn- oder Gehaltspfändung ist mit einem solchen Titel möglich. Bedenken Sie, dass auch ein Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid diese Maßnahmen eines Gläubigers nicht verhindern kann.
Das Problem bei der Wurzel packen
Berechtigte Mahnungen und Mahnbescheide deuten häufig auf eine Schieflage der eigenen Finanzen hin. Als anwaltliche Schuldnerberatung raten wir Menschen, die mit Überschuldung zu kämpfen haben oder Gefahr laufen, in eine Überschuldungssituation zu geraten, das Problem bei der Wurzel zu packen und eine Entschuldung anzugehen.
Denn am Anfang hilft Verschieben oder Umlagern vielleicht noch, doch irgendwann ist der Druck auch durch Zinsen und Gebühren so hoch, dass alles in sich zusammenbricht. Und dann kann es oftmals zu spät sein.