4. April 2017 | 🕑 Lesezeit: 3 Minuten
Gläubiger müssen auf Forderungen verzichten

Immer mehr Verbraucher in Deutschland sind überschuldet und für viele bleibt nur noch der Weg in die Privatinsolvenz. In vielen Fällen geraten natürliche Personen unverschuldet in diese Situation, weil beispielsweise der Job verloren geht oder der Weg in die Selbstständigkeit scheitert. Immer häufiger melden jedoch auch Verbraucher Privatinsolvenz an, die einfach über ihre Verhältnisse gelebt und Alarmsignale für Überschuldung ignoriert haben und deshalb Rechnungen am Ende nicht mehr bezahlen konnten.
Egal aus welchem Grund Verbraucher in die Privatinsolvenz geraten sind, betroffen sind auch immer die Gläubiger, die am Ende häufig auf ihren Forderungen sitzen bleiben.
"Das Restschuldbefreiungsverfahren dauert derzeit sechs Jahre und die Quote, die der Gläubiger auf seine Hauptforderung in diesem Zeitraum bekommt, liegt zwischen 2 und 5 Prozent," sagt Mike Kühn, Geschäftsführer der Prokur Forderungsmanagement GmbH. "Dabei werden die meisten Kleinstforderungen bis ca. 500 Euro fast nie beim Insolvenzverwalter zur Masse angemeldet. Darüber hinaus wird derzeit häufig Schuldnern die Restschuldbefreiung erteilt, obwohl Versagungsgründe vorliegen," so Mike Kühn weiter. Vor allem kleine Unternehmen wie zum Beispiel Online-Shops sind durch diese Verluste schlimmstenfalls in ihrer Existenz bedroht, da Zahlungsausfälle bei berechtigten Forderungen die finanzielle Sicherheit der Gläubiger aufs Spiel setzen können.
Gesetz soll Gläubigerrechte stärken
Bereits im Vorfeld des Gesetzbeschlusses zur Neuregelung der Verbraucherinsolvenz gab es viel Kritik, vor allem seitens der potenziellen Gläubiger und der Inkassowirtschaft. Auch der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU) äußerte sich ablehnend zu einem kürzeren Restschuldenbefreiungsverfahren. Der Bundesverband befürchtet in einer Pressemeldung, dass die ohnehin hohe Zahl an Verbraucherinsolvenzverfahren, die nach in Kraft treten des Gesetzes noch einmal um bis zu 20 Prozent steigen könnte, da viele überschuldete Personen für den Schritt in die Privatinsolvenz, die neuen schuldnerfreundlichen Regelungen abwarten wollen. Außerdem könnte die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens vor allem bei unredlichen Verbrauchern ein falsches Signal setzen. Diese könnten sich animiert fühlen, erst recht Schulden zu machen, da sie diese ja in einem überschaubaren Zeitraum wieder los werden könnten.
Neben dem Anreiz für Schuldner möglichst viel ihrer Schulden zu bezahlen, soll das Gesetz die Gläubigerrechte auch auf andere Art stärken.
Zur Stärkung der Gläubigerrechte soll ein Antrag auf Ausschluss der Restschuldenbefreiung nicht mehr nur am Schlusstermin gestellt werden können. Mit in Kraft treten des neuen Gesetzes kann der Versagensantrag jederzeit schriftlich gestellt werden, sowohl im Regelfall des schriftlichen Verfahrens als auch im mündlichen Verfahren. Darüber hinaus soll die Versagung auch noch in solchen Fällen möglich sein, in denen der Gläubiger erst nach dem Schlusstermin vom Versagensgrund erfährt. Zusätzlich sollen neue Versagungsgründe nach § 290 InsO-E für unredliche Schuldner insbesondere bei Eigentums- und Vermögensdelikten die Erteilung der Restschuldenbefreiung erschweren und die Gläubigerrechte stärken.
Zumindest in diesem Punkt werden die Gläubigerrechte tatsächlich gestärkt. Ob Gläubiger tatsächlich vom Anreiz für Schuldner profitieren, in der Privatinsolvenz mindestens 25 Prozent ihrer Schulden innerhalb von drei Jahren zurückzuzahlen, um das verkürzte Restschuldbefreiungsverfahren zu bekommen, ist mehr als fraglich. "Die derzeitige Quote liegt zwischen zwei und fünf Prozent in sechs Jahren, und wenn jemand so überschuldet ist, um Privatinsolvenz beantragen zu müssen, wird es für ihn sehr schwer sein, die 25 Prozent in drei Jahren zu erreichen," meint Mike Kühn.
Quelle: onlinehaendler-news.de
