20. Dezember 2022 | 🕑 Lesezeit: 3 Minuten
Bürgergeld: Erbschaft zählt trotz Schulden komplett als Einnahme
Das Bundessozialgericht in Kassel entschied, dass beim Bürgergeld (ehem. AG II oder Hartz IV) die Erbschaft in voller Höhe als Einnahme des Empfängers anzurechnen ist, auch wenn ein Teil des Geldes zur Tilgung von Schulden verwendet wurde und somit nicht der volle Betrag zur Verfügung steht. Da für jeden ein Erbe etwas positives darstelle, unabhängig davon, was mit dem Geld angestellt würde, müsse der Grundsatz der rechtlichen Gleichheit gewahrt werden.
Das Urteil betrifft diejenigen, die Arbeitslosengeld II beziehen und mit einem Erbe Ihre Schulden tilgen oder verringern wollen. Denn in genau einem solchen Fall, berechnen Jobcenter zurecht das gesamte Erbe als Einkommen des arbeitslosen Schuldners. Das gilt auch, wenn Sie es verpasst haben, das Erbe auszuschlagen und Ihre Gläubiger das Vermögen pfänden.
Fall zum Urteil Bürgergeld (ehem. AG II oder Hartz IV) und Erbschaft
Die Entscheidung zu diesem Thema musste getroffen werden, da ein Mann dagegen klagte, dass das Jobcenter sein Erbe von 8.000 € voll als Einkommen anrechnete, obwohl 3.000 € von der Bank zum Ausgleichen des Dispos eingezogen wurden. Doch er verlor den Prozess mit der Verkündung des Urteils, dass beim Bürgergeld die Erbschaft komplett als Einkommen angerechnet wird, egal in welcher Höhe damit Schulden beglichen werden. Das Urteil (Az.: B 14 AS 10/14 R) können Sie auf openjur einsehen.
Begründung, warum beim Bürgergeld (ehem. AG II oder Hartz IV) die Erbschaft voll als Einkommen zählt
Rechtliche Gleichheit ist einer der Grundgedanken des deutschen Rechtssystems. Das bedeutet, dass ein positives Erbe einen Zugewinn für jeden Begünstigsten darstellt, außen vor gelassen, wofür das geerbte Geld verwendet wird. Wenn ein unverschuldeter Empfänger vom Bürgergeld die Erbschaft bekäme, würde ihm diese in der gesamten Höhe angerechnet. Deswegen werde dem verschuldeten Empfänger vom Bürgergeld die Erbschaft ebenfalls voll angerechnet. Ansonsten würde er gegenüber dem Unverschuldeten einen Vorteil haben.
Das mag juristisch logisch klingen und vollkommen korrekt sein, hat für die Betroffenen jedoch im Alltag die Konsequenz, dass ihnen Geld als Einkommen vom Jobcenter angerechnet wird, dass sie nicht ausgeben können. Als Folge des Einkommens wird die Sozialleistung gekürzt und dem Arbeitslosen steht, je nach Höhe des Erbes und der Schuldsumme, weniger Geld zur Verfügung als vorher.
Da das Bundessozialgericht das höchste Sozialgericht in Deutschland ist, ist dieses Urteil für weitere Entscheidungen zum Thema Bürgergeld, Erbschaft und Schuldentilgung als Grundlage heranzuziehen.
Was, wenn das Erbe nicht für die Schulden ausreicht?
Wenn die Schuldsumme so hoch ist, dass kein Cent des geerbeten Geldes beim Schuldner ankommen würde, würde dieser das Erbe antreten, sollte darüber nachgedacht werden, ob eine Erbannahme tatsächlich sinnvoll ist. Wie wir in einem Blog-Beitrag zum Recht auf Annahme der Erbschaft berichteten, können Schuldner nicht zur Annahme der Erbschaft gezwungen werden. Schlagen Sie Ihr Erbe aus, rückt der nächste im Testament oder in der Erbrangfolge nach.