24. Februar 2022 | 🕑 Lesezeit: 7 Minuten
Erhöhung Pfändungsfreibetrag auf dem P-Konto beim Vollstreckungsgericht

Bei drohender oder laufender Kontopfändung sollten Sie das meiste für sich herausholen und das schützen, was Ihnen zusteht. Sie können Ihren Pfändungsfreibetrag wegen der in § 850 k Abs. 2 ZPO aufgeführten Beträge erhöhen lassen. So behalten Sie mehr von Ihrem Einkommen im Monat als nur den Grundfreibetrag.
Der Freibetrag kann erhöht werden,
- wenn der Schuldner einer oder mehreren Personen gegenüber zum Unterhalt verpflichtet ist (§850 k Abs. 2 Nr. 1a ZPO)
- wenn der Schuldner einer oder mehreren Personen Unterhalt zahlt (§850 k Abs. 2 Nr. 1a ZPO)
- wenn der Schuldner Leistungen nach sozialrechtlichen Vorschriften für Personen entgegen nnimmt, denen gegenüber er nicht zum Unterhalt verpflichtet ist (Bedarfsgemeinschaft) (§850 k Abs. 2 Nr. 1 b ZPO)
- wenn der Schuldner einmalige Sozialleistungen erhält (z.B. Kosten für eine Klassenfahrt oder Geldleistungen zum Ausgleich eines durch Gesundheitsschadens bedingten Mehraufwands (Bedarfsdeckung in besonderen Lebenslagen)
- wenn der Schuldner Kindergeld entgegennimmt
Um die Pfändungsfreigrenze Ihres Pfändungsschutzkontos (P-Konto) zu erhöhen, benötigen Sie eine Bescheinigung, die Sie Ihrer Bank oder Sparkasse vorlegen, damit diese Ihren Freibetrag erhöht. Die Bescheinigung kann der Arbeitgeber, die Familienkasse, der Sozialleistungsträger oder eine geeignete Person oder Stelle nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausstellen.
Sie können jedoch auch direkt beim zuständigen Vollstreckungsgericht einen Pfändungsschutzantrag nach § 850 k Abs. 5 ZPO stellen, um Ihren Pfändungsfreibetrag über einen Antrag auf individuelle Freigabeentscheidung zu erhöhen.
So funktioniert die Erhöhung des Pfändungsfreibetrags beim Vollstreckungsgericht

Um die individuelle Freigabeentscheidung durch das Vollstreckungsgericht zu erreichen, müssen Sie bei diesem einen Antrag stellen und begründen (Muster weiter unten). Folgende Unterlagen benötigen Sie für einen solchen Antrag:
- Geben Sie die IBAN des Kontos an, das in ein P-Konto umgewandelt wurde
- Legen Sie die Kontoauszüge der letzten drei Monate (bis zum Datum des Antrags) bei
- Das Aktenzeichen der Pfändung des Gerichts oder der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss müssen genannt werden
- Einkommensnachweise der letzten 3 Monate (Gehaltsabrechnungen oder Sozialleistungen)
- Bei Ehepartnern müssen Sie die Ehe nachweisen (Heiratsurkunde) für Unterhaltspflicht
- Bei Kindern müssen Sie Geburtsurkunde oder Meldebescheinigung (wenn diese bei Ihnen leben) oder Vaterschaftsanerkennungsurkunde (wenn es sich nicht um Ihre leiblichen Kinder handelt) mitsenden
- Bei Unterhaltszahlungen weisen Sie per Kontoauszug der letzten 3 Monate nach, das regelmäßig Unterhalt gezahlt wurde
Stellen Sie den Antrag zur Freigrenzenerhöhung bei Gericht, schicken Sie Kopien der erforderlichen Unterlagen an das Vollstreckungsgericht, nicht die Originale.
Zuständiges Vollstreckungsgericht finden
Zuständig ist das Vollstreckungsgericht, das den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen hat, mit dem der Gläubiger Ihr Konto pfändet.
Da für den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) das Amtsgericht des Wohnorts des Schuldners zuständig ist, können Sie über das Orts-/und Gerichtsverzeichnis des Justizportals des Bundes und der Länder das für Ihren Ort zuständige Vollstreckungsgericht herausfinden.
Geben Sie einfach Ihre Postleitzahl ein (wir haben das im Beispiel unten für unsere Postleitzahl in Hamburg gemacht) und schauen Sie, welches Ergebnis in der Beschreibung den Hinweis auf das Vollstreckungsgericht enthält. In unserem Beispiel ist es das Amtsgericht Hamburg-Barmbek.

Handelt es sich um einen öffentlichen Gläubiger (zum Beispiel das Finanzamt), müssen Sie sich an die zuständige Vollstreckungsstelle wenden.
Antrag abgeschickt, dann warten bis der Beschluss ergeht
Haben Sie Ihren Antrag gestellt heißt es warten. Da das Gericht den betreffenden Gläubiger meist zunächst anhört, kann es bis zu einigen Wochen dauern, bis der Beschluss zu Ihrem Antrag ergeht.
Haben Sie den Beschluss vom Gericht erhalten und fällt dieser zugunsten Ihres Antrags aus, legen Sie den Gerichtsbeschluss, wie eine Bescheinigung Ihres Arbeitgebers, der Familienkasse oder einer anderen geeigneten Stelle auch, der Bank oder Sparkasse vor, bei der Sie Ihr P-Konto haben. Diese erhöht dann Ihren Freibetrag entsprechend.
Achtung rechtliche Stolperfalle
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollen die Kreditinstitute aufgrund der vorgelegten Bescheinigung entscheiden, ob der Freibetrag erhöht werden kann. Die Bank trägt daher auch das Risiko aufgrund einer fehlerhaften Bescheinigung zu viel Geld an den Schuldner auszuzahlen. Daher kommt es in der Praxis sehr oft dazu, dass der Antrag auf Erhöhung des Freibetrags über das Gericht gestellt werden muss, weil die Bank die Bescheinigung nicht anerkennt.
Die Rechtslage ist hier nicht eindeutig. Deswegen kann es vorkommen, dass das Gericht von Ihnen Nachweise verlangt, dass Sie zunächst auf anderen Wegen versucht haben, die Bescheinigung zur Erhöhung Ihrer Freigrenze zu erhalten oder Ihrer Bank die Leistungsbescheide über die Sozialleistung(en) erfolglos vorgelegt haben. Ein Nachweis erfolgloser Bemühungen sollte ausreichen. Verlangt das Gericht alle Nachweise über das Scheitern Ihrer Versuche, lassen Sie sich dies schriftlich geben. Nur dann können Sie mit Hilfe eines Rechtsanwalts oder der Verbraucherzentrale Ihres Orts hiergegen vorgehen.
Weiterer Antrag beim Vollstreckungsgericht bei Pfändung beim Arbeitgeber
Neben dem Antrag auf Erhöhung der Pfändungsfreigrenze gibt es noch eine weitere Möglichkeit, beim Gericht zu beantragen, mehr Geld trotz laufender Kontopfändung zu erhalten.
Haben Sie eine laufende Pfändung beim Arbeitgeber (Lohnpfändung) und wird nun zusätzlich die Kontopfändung durchgeführt, können Sie beim zuständigen Vollstreckungsgericht beantragen, dass Sie trotz Kontopfändung den gesamten Ihnen nach der Lohnpfändung noch bleibenden Teil Ihres Einkommens behalten dürfen.
Die Begründung dafür ist, dass bereits eine Pfändung beim Arbeitgeber vorliegt und daher nur der unpfändbare Betrag auf Ihrem Konto eingeht. Es wird bereits an der Quelle gepfändet.
Bei diesem Antrag mit zusätzlicher Lohnpfändung beim Arbeitgeber schicken Sie
- Eine Bescheinigung vom Arbeitgeber über die bestehende Pfändung,
- Die offene Summe des zu pfändenden Betrags,
- Das Aktenzeichen des Gerichts oder den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Pfändung beim Arbeitgeber mit
Wann für die Erhöhung zum Gericht gehen?
In vielen Fällen reicht es aus, wenn Sie Ihrer Bank oder Sparkasse die entsprechenden Bescheide vorlegen, damit diese den Freibetrag erhöht. Sollten dies nicht der Fall sein oder Sonderfälle (wie zum Beispiel gleichzeitige Lohn- und Kontopfändung oder Nachzahlungen des Job-Centers) vorliegen, müssen Sie den Pfändungsfreibetrag des P-Kontos beim Vollstreckungsgericht erhöhen lassen. Im Fall einer gleichzeitigen Lohn- und Kontopfändung kann nur das Vollstreckungsgericht über die Freigabe entscheiden.
Da dies mit Aufwand verbunden ist und in der Regel ein paar Wochen dauert, sollten Sie, wenn es sich um Standard-Erhöhungen wie bei Kindergeld und unterhaltspflichtigen Personen handelt, zunächst die Nachweise durch Leistungsbezug oder Zahlungseingang des Kindergeldes auf das entsprechende Konto versuchen.
Haben Sie bereits eine Schuldnerberatung beauftragt, kann diese Ihnen auch sagen, auf welche Höhe Sie Ihren Freibetrag auf dem Pfändungsschutzkonto anheben lassen können und an wen Sie sich in Ihrem Einzelfall am besten wenden, um schnell die gesamte Ihnen zustehende Summe Ihres Einkommens zur Verfügung zu haben.
